Zahlreiche Gäste wohnten der Veranstaltung bei, darunter Altlandrat Karl Eyerkaufer, der Gründungsvorsitzende Pfarrer i. R. Horst Rühl sowie mit der 83-jährigen Marietta Becker eine Frau der ersten Stunde, die als Ehrenamtliche Lebensmittel noch im Keller des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses ausgegeben hat. FOTO: PM
Hanau - Zum zweiten Mal nach 2017 nutzte Lichtblick, die Stiftung der evangelischen Marienkirche, die Möglichkeit, sich im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit Gästen über soziale Notlagen auszutauschen. Veranstaltungsort war das Kulturforum der Stadtbibliothek. Beschäftigte sich die Runde vor sieben Jahren mit Menschen, die bedingt durch ein geringes Einkommen große Schwierigkeiten haben, Zugang zum Wohnungsmarkt zu finden, ging es diesmal um die aktuelle Situation der Hanauer Tafel.
Als Moderatorin hatten Jörg Mair und Annette Geier-Neugebauer, der Geschäftsführer von Lichblick und die Leiterin der hiesigen Tafel, die Redaktionsleiterin des HANAUER ANZEIGER, Yvonne Backhaus-Arnold, gewinnen können.
Neben den beiden Sozialdezernenten des Main-KinzigKreises und der Stadt Hanau, dem Ersten Beigeordneten Andreas Hofmann und Bügermeister Dr. Maximilian Bieri, standen insbesondere drei Gäste im Mittelpunkt, die sich Woche für Woche ehrenamtlich für die Tafel, ansässig in der Ramsaystraße 17, seit vielen Jahren engagieren. Die sich mittlerweile im (Un)ruhestand befindliche Frauenärztin Dr. Stefanie Keilig ist Mitglied ins Stiftungsrat und wirbt regelmäßig mit dem Lions Club im Rahmen der ,,Ein Teil mehr"-Aktion vor dem Tegut-Markt an der Bruchköbeler Landstraße dafür, dass Menschen Lebensmittel im Markt kaufen, aber der Tafel überlassen. Klaus-Dieter Lux war einst in der freien Wirtschaft in leitender Position und ehrt heute mehrfach die Woche morgens mit ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen die rund 60 Märkte in Hanau und Umgebung ab, damit am Nachmittag das Warenangebot fair die Kunden der Hanauer Tafel zur Verfügung steht. Und dann war da noch Oliver Hot., von Beruf Koch, nach eigener Aussage einst selbst in einer schwierigen Lebenssituation und ehemaliger Kunde der Tafel. Er koordiniert im Außenbereich der Tafel die wartenden Menschen, sodass alle gleichermaßen versorgt werden.
Zu Beginn der Veranstaltung konnten die Besucherinnen und Besucher den dreiminütigen Imagefilm des renommierten Filmemachers Kolja Erdmann anschauen, der mit den Hauptdarstellern Wolfgang Frisch, der Vorstandsvorsitzende von licht-blick, und der Klientin Jasmin Bergsträßer bewusst auf zwei kleine biografische Geschichten setzte, die in der Hanauer Tafel münden.
Im Anschluss stellte die geschäftsführende Pfarrerin der Stadtkirchengemeinde Hanau, Kerstin Schröder, in einem kurzen Grußwort die Historie von Lichtblick, der Hanauer Tafel und den Bezug zur Marienkirchengemeinde dar.
Dann übernahm Yvonne Backhaus-Arnold die Moderation. Die Berichte aus der Runde der Ehrenamtlichen gaben auch Einblicke in die aktuelle gesellschaftliche Situation. So sah sich Stefanie Keilig immer wieder heftiger Kritik ausgesetzt, da Kunden an den Samstagen die Farben der Lions (blau-gelb) als Spendenaktion für die Ukraine deuteten und so ihren Unmut äußerten. „Das seien teilweise angespannte Situationen," erzählte Keilig, die sich auch im Kirchenvorstand der Stadtkirchengemeinde engagiert.
Klaus-Dieter Lux machte auf den deutlichen Rückgang von Lebensmitteln aufmerksam. „Corona hat die Digitalisierung erkennbar vorangetrieben. Vor der Pandemie habe ich bei unseren Touren 1,5 Wagenladungen an Lebensmitteln mitnehmen können, heutzutage ist der Wagen nicht voll. Das ist zu knapp", zeigte der Großkrotzenburger die Engpässe der Tafeln in Hanau und Deutschland auf. Auf die Frage, ob Kunde bei der Hanauer Tafel sein zu müssen mit Scham besetzt sei, entgegnete das Urgestein
Oliver Hotz mit einem klaren Nein. Jeder könne im Leben mal in schwierige Situationen kommen.
Bürgermeister Bieri bejahte die Frage, ob es nicht ein Paradoxon sei, dass es Tafeln in Deutschland geben müsse, aber sieht derzeit keine bessere Lösung und die Stadt Hanau unterstützt die Hanauer Tafel seit vielen Jahren mit mehr als 72 000 Euro. Dies sah auch Andreas Hofmann so. Der Main-Kinzig-Kreis habe unlängst als freiwillige Leistung 200 000 Euro an soziale Einrichtungen im Main-Kinzig-Kreis ausgeschüttet und werde Lichtblick auch nach der ICreisfreiheit weiter unterstützen. Auch das Publikum wurde von Backhaus-Arnold mit einbezogen. Für den Vermieter der Hanauer Tafel, Cliff Michaelis, attestierte den beiden Leiterinnen der Hanauer Tafel, Annette Geier-Neugebauer und Gordana Herzberger-Kapetanic, „einen sagenhaften Job". Ebenfalls voll des Lobes zeigten sich Heike Arnold aus Neuberg und die Kreistagsabgeordnete Emine Pektas. upn